Die folgende Geschichte habe ich vor vielen Jahren in ähnlicher Form geschenkt bekommen. Ich habe sie hier und da etwas umgeschrieben, der Verfasser des Originals ist mir leider nicht bekannt.

 

Die Geschichte von den "kleinen Engeln"

 

Der kleine schwarze Kater blieb plötzlich stehen. Hinter ihm spielten Kätzchen auf einer bunten Sommerwiese, sie tobten ausgelassen, jagten sich gegenseitig und rauften spielerisch miteinander. Es sah so fröhlich aus. Der kleine Kater lief zum Teich und plötzlich sah er im klaren ruhigen Wasser des Teiches, seine "Menschen-Mami". Und sie weinte ganz bitterlich. Er tapste eilig ins Wasser und versuchte, sie zu zärtlich berühren, und als er das nicht konnte, hüpfte er hinein. Nun war er ganz nass und "Mamis" Bild tanzte auf den Wellen und schlussendlich mit ihnen fort.

"Mami!" rief er fast panisch. "Mami, was hast du, ist etwas nicht in Ordnung?"

Der kleine schwarze Kater drehte sich um und er sah nun eine Dame am Ufer des Teiches, mit traurigen, aber liebevollen Augen.

Er seufzte schwer und kletterte aus dem Wasser.

"Das muss ein Fehler sein", sagte er. "Ich sollte sicherlich nicht hier sein".

Er sah zurück ins Wasser und das Bild seiner "Mami" spiegelte sich wieder darin. "Ich bin doch noch ein Baby. Mami sagt, das muss ein Irrtum sein. Sie sagt, ich darf gar nicht hier sein".

Auch die freundliche Dame seufzte nun schwer auf und setzte sich ins Gras zum kleinen Kater. Der kleine schwarze Kater kletterte in ihren Schoß. Es war nicht "Mamis" Schoß, aber es war fast genauso gut. Als sie begann, ihn zu streicheln und genau dort unter dem Kinn zu kraulen, wo er es am liebsten mochte, fing er fast gegen seinen Willen zu schnurren an.

"Ich fürchte, es ist kein Fehler, mein kleiner Freund. Es ist dir bestimmt, hier zu sein, und deine "Mami" weiß es auch, tief in ihrem Herzen", sagte die Dame. Der kleine schwarze Kater seufzte erneut und lehnte seinen Kopf an den Fuß der Dame.

"Aber sie ist doch so furchtbar traurig. Es tut mir so weh, sie so weinen zu hören. Und auch "Papi" ist sehr traurig".

"Aber sie wussten von Anfang an, dass dies geschehen würde", liess die Dame leise verlauten.

"War ich denn krank?" fragte er erschrocken, denn die Antwort der alten Dame überraschte den kleinen schwarzen Kater. Niemand hatte jemals etwas darüber gesagt und er hatte oft zugehört wenn sie dachten, er schliefe. Sie sprachen stets nur darüber, wie süß er doch war und wie schnell er gewachsen war. Er fühlte sich wohl bei ihnen und sie waren so glücklich zusammen.

"Nein, sie wussten nicht, dass du krank warst", sagte die freundliche Dame. "Aber dennoch wussten sie, dass sie die Tränen gewählt hatten".

"Nein, das taten sie nicht", sagte der kleine schwarze Kater trotzig. Wer würde schon Tränen wählen, dachte er für sich.

Sanft küsste die Dame sein Köpfchen. Er fühlte sich sicher und warm und geliebt -aber er war noch immer voll Sorge um seine "Mami".

"Ich will dir eine Geschichte erzählen", sagte die Dame, hör mir gut zu. Der kleine schwarze Kater sah auf und er sah alle anderen Tiere näher kommen.

Da waren viele Katzen - Big Boy und Snowball, Champus und Charlie und auch Little Leo und Robin. Sogar Toby und Iggy und Sugar , Sweetie, Kamatta und Olli. Und jede Menge Hunde waren da, Sally, Baby und Morgan, Rocky, Bonnie, Molly und Luke und wie sie alle hiessen. Sogar eine Eidechse namens Clyde und einige Ratten, auch ein Hamster namens Odo und ganz viele kleine Häschen: Emely Hasenjunges, Merlin Häschen, Bruno Löffel und viele, viele mehr.

Alle legten sich jetzt ganz erwartungsvoll ins Gras rund um die alte Dame und sahen wartend zu ihr auf. Sie lächelte ihnen allen gütig und beruhigend zu und begann zu erzählen:

Vor langer, langer Zeit gingen die kleinen Engel zum Oberengel und baten ihn um Hilfe, weil sie so einsam waren und so gerne ihre Liebe verschenken wollten. Der Oberengel schaute sie mitfühlend an, denn er wusste um ihren Schmerz. Er brachte sie zu einer großen Mauer mit vielen Fenstern und ließ sie aus dem allerersten Fenster auf alle möglichen Dinge schauen. Die kleinen Engel sahen viele, viele Puppen und Stofftiere und lauter Spielzeugautos und noch so vieles mehr.

"Hier habt ihr etwas, das ihr lieben könnt", sagte der Oberengengel.

"Diese Dinge werden eure Einsamkeit vertreiben".

"Oh, vielen Dank", sagten die kleinen Engel und waren in heller Vorfreude auf all die vielen Spielsachen. "Das ist genau das, was wir brauchen.“

"Ihr habt das Vergnügen gewählt", erklärte ihnen der Oberengel.

Aber nach einiger Zeit kamen die kleinen Engel zurück.

"Dinge kann man schon lieben", meinten sie kleinlaut, "aber sie kümmern sich nicht darum, dass wir sie lieben!"

Der Oberengel führte sie daraufhin zum zweiten Fenster. Sie schauten hinaus und sahen alle möglichen Arten wilder Tiere.

"Ihr könnt diese Tiere lieben",sagte der Oberengel bestimmend.       

"Sie werden wissen, dass ihr sie liebt."

 

Die kleinen Engel waren ganz aufgeregt und spürten größte Freude aufkommen. Eilig liefen sie hinaus zu den Tieren. Einer gründete einen Zoo, ein anderer ein Naturschutzgebiet, einige fütterten die Vögel.

"Ihr habt die Befriedigung gewählt", sagte der Oberengel.

Doch nach einiger Zeit kamen die kleinen Engel wieder zurück.

"Sie wissen, dass wir sie lieben" sagten sie, "aber sie lieben uns nicht wieder. Wir möchten doch auch geliebt werden, dass ist uns so wichtig."

 

So führte sie der Oberengel zum dritten Fenster und zeigte ihnen die Menschen. "Hier sind Menschen zum Lieben", erklärte er ihnen.

Die kleinen Engel eilten aufgeregt und erwartungsvoll hinaus zu den Menschen. "Ihr habt die Verantwortung gewählt", sagte der Oberengel.

Es dauerte nicht lange und die kleinen Engel kamen traurig und enttäuscht zurück. "Menschen kann man schon lieben", klagten sie "aber oft hören sie einfach auf, uns zu lieben und ungeachtet unserer Liebe, verlassen sie uns einfach. Sie brechen unsere Herzen damit."

Der große Engel schüttelte den Kopf. "Nun kann ich euch nicht mehr helfen. Ihr müsst mit dem zufrieden sein, was ich euch gegeben habe."

Da entdeckte einer der kleinen Engel plötzlich ein weiteres Fenster in der Mauer, schaute dort hinaus und sah viele kleine und große Hunde, aber auch Katzen, Eidechsen, Hamster, Häschen und Frettchen und viele andere Tiere auf einer großen bunten Sommerblumenwiese umhertollen.

„Oh, dass ist wunderschön!“ rief der kleine Engel voller Verwunderung.

Die anderen Engel liefen schnell herbei und bestaunten mit großen Augen und klopfendem Herzen, was sie dort auf der Wiese sahen. Es  war wirklich ein bezaubernder Anblick!

"Was ist mit denen?" riefen alle voller Neugier und Begeisterung.

Fast ein wenig unsanft schob sie der Oberengel von diesem Fenster weg.

„Das sind Gefühlstrainer" sagte er, "und wir haben Probleme mit ihrem Betriebssystem.“

"Würden sie denn wissen, dass wir sie lieben?" fragte einer der Engel fast ein wenig entmutigt.

"Doch, das schon", erwiderte der Oberengel widerstrebend.

"Und würden sie uns wiederlieben?" fragte ein anderer.

"Ja, natürlich", erwiderte der Oberengel.

"Werden sie je aufhören, uns zu lieben?" wollten sie weiter wissen.

"Nein, niemals", gestand der große Engel.

"Sie werden euch für immer lieben, bedingungslos und aufrichtiger, als euch je ein Mensch lieben könnte.“

"Dann sind sie genau das, was wir uns wünschen", riefen die kleinen Engel freudestrahlend und ganz vergnügt laut.

Aber der Oberengel war nun sehr aufgebracht.

"Ihr versteht nicht", versuchte er zu erklären.

"Ihr nehmt mit ihnen eine große Verantwortung auf euch, denn ihr müsst sie regelmäßig füttern. Und ihr müsst ihre Umgebung reinigen und immer gut für sie sorgen!“

"Das tun wir gerne", riefen die kleinen Engel voller Überzeugung.

 

Sie hörten dem Oberengel nicht mehr länger zu. Sie stiegen durchs Fenster, beugten sich nieder und nahmen die zahmen Tiere in die Arme. Die Liebe in den Herzen der Engel spiegelte sich in den Augen der Tiere.

"Sie sind nicht gut programmiert" rief der Oberengel ihnen noch einmal laut hinterher, "es gibt keine Garantie für sie. Wir wissen nicht, wie lange sie halten. Manche hören sehr rasch auf zu funktionieren, und manche halten länger!"

Aber das alles kümmerte die kleinen Engel nicht. Sie drückten die warmen weichen Körperchen an sich und ihre Herzen füllten sich mit Liebe, so dass sie fast zersprangen.

"Wir haben unsere Chance!" riefen sie.

"Ihr versteht nicht", versuchte es der Oberengel zum letzten Mal. "Sie sind so gemacht, dass selbst der Haltbarste von ihnen euch nicht überleben wird. Euer Schicksal wird sein, durch ihren Verlust Trauer zu leiden!"

Die kleinen Engel betrachteten die Tiere in ihren Armen und schluckten.

Dann sagten sie tapfer: "Das macht nichts. Es ist ein fairer Tausch für die Liebe, die sie uns geben."

Der Oberengel sah ihnen nach und schüttelte den Kopf. "Nun habt ihr die Tränen gewählt", flüsterte er leise vor sich hin.

"…und so ist es auch für alle Zeit geblieben", meinte die freundliche Dame mit nachdenklicher Stimme zu den Tieren im Gras. "Und jede Mami und jeder Papi weiß das. Ja, wenn sie euch in ihr Herz schließen, wissen sie, dass ihr sie eines Tages verlassen werdet und sie viele Tränen weinen müssen."

Der kleine schwarze Kater setzte sich auf. "Warum nehmen sie uns dann zu sich?" fragte er erstaunt.

"Weil auch nur eine kurze Zeit eurer Liebe den Kummer und Schmerz der Trauer wert ist."

"Oh", sagte der kleine Kater und starrte wieder in den Teich. Da war noch immer das Bild seiner weinenden Mami.

"Wird sie jemals aufhören zu weinen?"

 

Die freundliche alte Dame nickte und sprach weiter:

"Sieh mal, der Oberengel bedauerte die kleinen Engel zwar, aber er konnte die Tränen nicht wegzaubern, er machte sie deshalb ganz besonders".

Sie tauchte die Hand in den Teich und ließ das Wasser langsam von ihren Fingern tropfen, "ja, der Oberengel machte heilende Tränen zu diesem Wasser. Jede Träne enthält ein bisschen von der glücklichen Zeit und all dem Schnurren und Streicheln und der Freude an dir. Wenn deine Mami weint, heilt ihr Herz. Es mag seine Zeit dauern, aber durch ihre Tränen fühlt sie sich besser. Nach einiger Zeit wird sie nicht mehr so traurig sein, wenn sie an dich denkt, und sich nur der schönen Zeit erinnern. Und sie wird ihr Herz wieder für einen neues Kätzchen öffnen."

"Aber dann wird sie eines Tages wieder weinen!"

Die Dame lächelte ihn an und stand auf. "Aber sie wird auch wieder jemanden liebhaben, das ist das Schönste Geschenk und nur daran wird sie denken".

Sie nahm Big Boy und Morgan in ihre Arme und kraulte Morgan genau dort am Ohr, wo sie es so mochte.

"Sieh nur, die Schmetterlinge kommen. Sollen wir nicht spielen gehen?"

Die anderen Tiere liefen voraus, aber der kleine schwarze Kater wollte seine Mami dort im Teich noch nicht verlassen.

"Werden wir jemals wieder zusammen sein?"

Die freundliche Dame nickte. "Du wirst in den Augen jeder Katze sein, die sie ansieht. Und sie wird dich im Schnurren jeder Katze hören, die sie streichelt. Und spät in der Nacht, wenn sie einschläft, wirst Du ihr nahe sein und ihr werdet beide Frieden haben. Und bald, eines Tages, wirst Du ihr einen Regenbogen senden, damit sie weiß, dass Du in Sicherheit bist und hier auf sie wartest."

 

"Das gefällt mir", sagte der kleine schwarze Kater und warf einen letzten liebevollen und langen Blick auf seine "Mami". Er sah ihr Lächeln unter ihren Tränen und wusste, dass ihr eingefallen war, wie er einmal fast in die Badewanne gefallen wäre.

"Ich hab dich lieb, Mami", flüsterte er kaum hörbar.

"Es ist schon okay, wenn du weinst.“

Er blickte nach den anderen, die spielten und mit den Schmetterlingen lachten. "Oh, Mami… Ich gehe jetzt spielen, okay? Aber ich werde immer bei Dir sein, das verspreche ich dir."

Dann drehte er sich um und lief all den anderen Tieren nach.

 

In diesem Sinne,

liebt eure Tiere und tragt gut Sorge um sie. Bedenkt, ihr habt sie nur eine kurze Zeit bei euch!
 

herzlichst Nati Merlin

 

 

 

 

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