Trauererfahrung und stilles Gedenken     

(April 2012)

 

Ein neuer Jahres/Todestag liegt inzwischen wenige Tage hinter mir. Zum ersten Mal war das Datum "tagesgleich", dass fühlte sich noch einmal etwas anders an, wie in den vergangenen Jahren nach dem Tod meines Mannes. Es ist nicht nur unheimlich, sondern auch schmerzhaft. Alles ist mit einem Mal wieder so schrecklich nah, auch wenn ich es zunächst gar nicht bewusst wahrhaben wollte.
 
Heute Morgen fragte mich dann ein junger Mensch, ob ich irgendwie traurig sei. Da antwortete ich, dass es Jahreszeit für mich  ist, nach dem Tod meines Mannes und aufgrund der gleichen Tage wie damals, als mein Mann mir genommen wurde, alles wieder irgendwie sehr nahe gerückt sei und mir deswegen nicht sehr wohl sei. "Was ist nahe gerückt?" war die Nachfrage in schroffem Ton. Ich sagte darauf:"Na ja, eben die schreckliche und grausame Zeit und alles was ich mit Krankheit und Tod meines Mannes erlebt habe. Vor allem die ersten Tage nach dem Tod, aber auch der Todestag selbst, den ich auf  brutalste und grausamste Weise erlebte, diese fürchterlichen Todesstunden, die mich heute noch oft in meinen Träumen quälen. Dann der Mittwoch mit der Trauerfeier (die mich damals trotz aller Traurigkeit aufgrund der wahnsinnig großen und ausserordentlichen Anteilnahme überwältigte) !"
Zum neuerlichen Erschrecken musste ich mir lautstark die vorwurfsvolle Frage anhören, warum ich denn überhaupt noch daran denke. Das war für mich eine äusserst dumme und dämliche Frage, die mir einen schmerzenden Pfeil ins Herz stach, mir Tränen in die Augen trieb und den ganzen Tag zusätzlich traurig machte und gfefangen hielt.
 
 
Meine Güte, wie könnte ich den Tod meines Mannes vergessen? Nein, ich will das auch gar nicht alles vergessen! Niemals will und werde ich diese Tage vergessen, nie, wie könnte ich nur? Natürlich will ich jetzt nicht jeden Tag an Einzelheiten denken, dass tue ich auch ganz gewiss nicht, dass würde mir meine Lebensqualität nehmen und irgendwie muss man auch mit dem Erlebten abschliessen, aber ganz sicherlich nicht völlig vergessen! Meine Erfahrung der vergangenen Jahre nach diesem Schicksalsschlag zeigte mir, dass der Schmerz der Trauer sich wirklich völlig verwandelt hat, an vielen Tag zum Glück kaum noch spürbar ist, nur manchmal eben, in der Nacht, wenn die Seele sich schutzlos öffnet, dann lebt dieser Schmerz unkontrolliert auf, dann schreit die Seele ob des Schmerzes.
Ja, der Schmerz hat sich zum Glück verwandelt. Ich lebe wieder, mit allen Höhen und Tiefen, mit Schicksalsschlägen, die mich auf meinem Weg begleiten, die es zu meistern gilt. Oh ja, ich kann wieder fröhlich sein und herzhaft lachen, fast ein bisschen so wie früher, dieses Lachen, dass mein Mann so unendlich gerne hörte und liebte. Ich habe wieder Freude am Leben, liebe  und werde geliebt, ich bin in der Tat wieder sehr glücklich, aber das ist doch kein Grund, einfach alles zu vergessen, mein voriges Leben auszulöschen. Sicher will und werde ich ein wenig vergessen , aber ich will nicht so ganz vergessen und ich will diese Trauer, die zu mir gehört auch nicht ganz verlieren. Denn meine Trauer ist mein Tribut für eine wundervolle Liebe, die ich erleben durfte, die ich von meinem Mann geschenkt bekam. Diese Erinnerung an meinen Mann ist auch mein Dankeschön an eine der schönsten und bedeutendsten Zeiten in meinem Leben, eine Zeit, die weit über dreißig Jahre währte. Und daran soll ich mich einfach nicht mehr erinnern? Einfach  nicht mehr daran denken? Das würde ich sehr verwerflich finden, achtungs- und ehrlos! Für meinen Mann war ich das Wichtigste, das Wertvollste und Kostbarste, das er besaß. Dieses sagte er mir nicht nur immer wieder, sondern er zeigte es mir und ließ es mich immer und immer wieder spüren. Ihm wird meine Achtung und mein ehrendes Gedenken jederzeit gehören und sei es unter Tränen. Nie werde ich meinen Mann und auch nicht diese schrecklichen Tage jemals für immer vergessen wollen. Mein Mann hat sich immer um mich gesorgt, mich ein langes Leben stets geachtet und geehrt und ihm gilt gleiches von meiner Seite aus! Auch wenn ich inzwischen ein neues und glückliches Leben leben darf und lebe, das  heisst aber nicht, dass ich mein vorheriges Leben einfach für immer aus meinem Gedächtnis lösche. Dass könnte ich niemals und ich empfände es wirklich als Verrat.
So gilt insbesondere in diesen Tagen mein stilles Gedenken in aufrichtigster Weise und voller Hochachtung meinem geliebten Mann. Ich bin meinem Mann alle Zeit für ein wunderschönes, sehr glückliches Leben an seiner Seite dankbar!
 
 
 
 
 
Ich denke, ich schreibe hier aus der Seele vieler Hinterbliebenen wenn ich sage, was für alle Verstorbenen gilt:
„Ihr bleibt für immer in unseren Herzen…“
 
In diesem Sinne,
in stillem Gedenken
herzlichst Nati Merlin
 
 
 
 
 
 
 
 
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